F rauen, die anschaffen, mögen es nicht, von anderen Frauen dabei beobachtet zu werden. Ganz so krass geht es im Frankfurter Bahnhofsviertel nicht zu, zumindest wenn Ulrich Mattner, ein Mann in den Vierzigern mit Turnschuhen und legerer Kleidung, dabei ist. Der ehemalige Journalist ist inzwischen eine Art Chronist des Rotlichtviertels und bei den Huren beliebt, denn seine Touristenführungen werden vom Gewerbe als umsatzsteigernd angesehen.
Für so manches Freudenmädchen ist er Seelsorger und Ratgeber in einem. Was es ihm wiederum leicht macht, seine männlichen und weiblichen Gäste durch das Rotlichtviertel zu lotsen. Aber alle müssen wissen, dass vieles nicht billig ist. Da kostet die Flasche Schampus schon mal Euro. Geht es später nach unten, in den Shower-Dance-Room, wo sich die Dame tanzend einseift, fallen 90 Euro an. Weitere Serviceleistungen sind kein Problem, aber da läppert sich einiges zusammen.
Nun hagelt es Fragen. Doch die Fragestellerin ist noch nicht zufrieden und hakt nach. Die gebe es ein bis zwei Mal im Jahr, räumt der Guide ein. Aber Besucher seien nie betroffen, die lokalen Kampfhähne machten ihre Streitereien unter sich aus. Wir fühlen uns sehr wohl. Für die meisten Tourgäste ist es eine Überraschung, dass hier, im anrüchigen Bahnhofsviertel, wo etwa Sexarbeiterinnen in 22 Bordellen arbeiten und wo es Hotelbetten gibt, auch Menschen wohnen. Das Immobiliengewerbe habe die Gegend entdeckt.
Auch andere Häuser bekamen glasummantelte Luxuswohnungen, der Quadratmeter nie unter Euro. Und aus einst versifften Kneipen sind Künstleretablissements geworden. Selbst ins Bordell erhält die Gruppe Eintritt — und einen kleinen Einblick. Geschäftsleute, allen voran Banker, sind reichlich da.
Auf die Gesichter gezoomt wird nicht, wenn Touristen zuschauen. Die beiden Aufpasser mit den mächtigen Oberarmen, die ausnehmend nett zu Mattner und seinen Gästen sind, kontrollieren die Flure und die Freier.
